Nachdem nun meine Schnürbrust fertig ist, kann ich mich an die Chemise machen. Das Material habe ich bereits seit April hier liegen, aber die Schnürbrust hat doch mehr Zeit in Anspruch genommen, als erwartet.
Für die Chemise hatte ich einen Leinen-Toile bestellt und für die Auszier an Ausschnitt und Ärmeln eine 4 cm, bzw. 19 cm lange Baumwollspitze. Nachdem ich den Stoff erhalten hatte, war ich doch ein wenig enttäuscht, weil er weniger dicht gewebt war, als es auf dem Bild den Eindruck machte. Das ist einfach der Nachteil beim Internetkauf, gerade Stoffe habe ich immer ganz gerne in der Hand, um sie richtig beurteilen zu können.
Nun ja, auch wenn es nicht genau das ist, was ich mir vorgestellt hatte, war ich der Meinung, dass es geht. Die ganze Chemise wird selbstverständlich handgenäht.
Der Zuschnitt
Da liegt er nun, frisch gewaschen und gebügelt. Ich habe ihn quer gefaltet, da der Stoff nach dem Waschen einen Resteinsprung hatte und von der Länge in etwa der gewünschten doppelten Länge entsprach. Die habe ich von der Schulter bis zur halben Wade gemessen. Da es keine Schulternaht gibt, muss die Länge mal zwei genommen werden. Mit einer Saumzugabe komme ich auf insgesamt 2,60 m.
Jetzt muss natürlich auch die Weite der Chemise gemessen werden. Dazu messe ich meine Oberweite (mit ein bisschen Luftholen) und gebe ca. 10% Mehrweite drauf. Das Ganze teile ich durch zwei (Vorderseite/Rückseite) und gebe seitlich jeweils noch ca. 1,5 cm Nahtzugabe bei. Da komme ich auf 55 cm. Das Gesamtstück muss also 55 cm breit und 2,60 cm lang sein; die Schulter liegt im Bruch bei 1,30 cm.
Die Webkante schneide ich auf einer Seite des Stoffes weg und zeichne von dieser Kante über die gesamte Länge die 55 cm an und schneide den Streifen ab. Den verbleibenden Rest lege ich doppelt, weil ich die restlichen Schnittteile zweifach benötige.
Das „Körperteil“ falte ich längs und bügle die Kante ab. Damit habe ich mir die Schulterlinie markiert. Anschließend falte ich das Teil Schulter auf Schulter und bügle über die entstandene Ecke, so habe ich die vordere und hinter Mitte. Entlang diesen Falzen schneide ich jeweils ein paar Zentimeter ein. Irgendwann muss ich ja sowieso den Ausschnitt einschneiden, insofern scheint mir dies die einfachste Methode, sich die tatsächlichen Mitten zu erstellen. Während des Nähens wird der Stoff so oft geknüllt, dass es später schwieriger sein könnte diese Linien ausfindig zu machen. Das ist jetzt meine persönliche Vorgehensweise, ob das früher auch so gemacht wurde, ist nicht ja nicht mehr zu ermitteln und für das Ergebnis sicher auch unerheblich.
Die Ärmel sind einfache Rechtecke. Die Breite misst sich an der stärksten Stelle des Oberarms und die Länge reicht von der Schulter bis zum Ellbogen. Hier war ich ein bisschen großzügig und habe, inklusive der Nahtzugaben, eine Breite von 40 cm genommen. Auch die Länge habe ich mit 42 cm großzügig kalkuliert – sollte es zu lang sein, kann man ja immer noch abschneiden.
Für die Keileinsätze in der Seitennaht der Chemise ist somit noch reichlich Material vorhanden. Diese werden etwa ab Brusthöhe seitlich angenäht und geben nach unten eine deutlich Mehrweite. Rechnerisch ergäbe sich die Länge der Keile aus der Länge der Chemise minus des halben Ärmel, minus der Kantenlänge des Armkeils. Pi mal Daumen mache ich einen Meter daraus. Die Breite setze ich mit 25 cm an. Dieses Rechteck zeichne ich auf den Stoff. Da an jeder Seitenkante ein Keil angesetzt wird, teile ich dieses Rechteck diagonal und erhalte so vier Keile.
Die Ärmel
Alle Kanten werden als Kappnähte gearbeitet. Eine genaue Beschreibung der Verarbeitung habe ich beim Herrenhemd gezeigt. Allerdings wird der Umschlag nicht abgesteppt, die Nähmaschine gab’s damals ja noch nicht, sondern mit einem Saumstich an den Oberstoff genäht.
Jetzt müssen die Ärmel an das Hauptteil. Hier vereinfacht der gebügelte Schulterfalz das Ansetzen des Ärmels. Der Ärmel wird in Längsrichtung gelegt und an der oberen Kante, also die Mitte der Ärmelbreite, markiert. Dafür kann man Kreide nehmen, eine Stecknadel oder die Kante fest zusammendrücken, dass eine Falte entsteht. Egal wie, diese beiden Markierungen werden aufeinander gelegt, der restliche Ärmel gesteckt und dann festgenäht.
Auch hier wird wieder eine Kappnaht gearbeitet. Es stellt sich jetzt die Frage, in welche Richtung die Kappnaht zu liegen kommt. Ich habe mich entschieden, die Faltung in den Ärmel rein zu machen. Den Vorteil sehe ich darin, dass im Hauptteil noch keine Kappnähte sind und sich der Stoff einfacher über eine Kappnaht falten lässt. Im Ärmel sind ja bereits die Kappnähte des Ärmelkeils. So kürze ich dann die Nahtzugaben aus dem Ärmel und lege die Nahtzugaben aus dem Hauptteil drüber.