Karo liegt wieder im Trend. Sagen jedenfalls die Défilés de mode für dieses Jahr. Das ist doch mal ein Grund, sich ein kariert-modisches Teil zu nähen.

Für den Zuschnitt ist das Karomuster allerdings eine besondere Herausforderung und ein wenig aufwändiger als bei einfarbigen Stoffen. Um korrekt zuzuschneiden, braucht es ein wenig Verständnis von Mustern, die ich kurz voran schicken möchte.

Der Rapport

Karomuster sind unterschiedlich – sie reichen von einfachen Karos wie das Vichykaro oder der Hahnentritt über …

… monochrome Karos wie Glencheck bis zu …

… mehrfarbigen Karos wie die schottischen Tartans. Allen gemein ist ein Musterabschnitt, der Rapport, der nach oben, nach unten und zur Seite wiederholt wird. Manchmal ist er regelmäßig, manchmal nicht. Dies zu ermitteln ist wichtig für die Auflage der Schnittteile und um einen gelungenen Übergang von einem Teil zum nächsten zu erzielen.

Ich gehe mal von der Theorie zur Praxis über und untersuche den Rapport anhand eines Karostoffes, den ich vor einiger Zeit verarbeitet hatte. Den Rapport habe ich gestrichelt eingezeichnet, sowie die Richtungen, in der er wiederholt wird.

Noch deutlicher wird es mit einer Grafik, dass dieser Rapport unregelmäßig ist: Der Rapport ist oben links abgesetzt und man sieht über dem grünen Block drei dunkle Streifen und unter dem Grün nur einen dunklen Streifen. Das heißt, ein Schnittteil kann nicht auf den Kopf aufgelegt werden, sonst wird der gleichmäßige Musterverlauf gestört.

Damit kommen wir zur zweiten Besonderheit beim Zuschnitt von Musterstoffen. Wenn man mit seinem Schnitt dem Musterverlauf folgen möchte, benötigt man mehr Stoff. Eine Faustregel ist hier, dass es zwischen 2-3 Rapporten mehr sein sollte, als an Stoffmenge angegeben oder errechnet wurde.

Der Schnitt

In der Regel erstellt oder kauft man einen Schnitt, der nur über die Hälfte des Umfangs geht – von der vorderen Mitte zur hinteren Mitte. In der Regel liegt der Stoff auch doppelt, so dass sich die spiegelgleiche andere Hälfte automatisch beim Zuschnitt ergibt. Soweit die Regel. Aber keine Regel ohne Ausnahme.

Für Karostoffe (und auch andere Musterstoffe) sollte der Stoff einfach liegen, also auseinander geklappt sein. Da braucht man nicht nur deutlich mehr Platz, sondern auch den kompletten Satz an Schnittteilen. Das heisst: alle Schnittteile müssen gespiegelt kopiert werden. Alle Schnittteile sollten sämtliche Passzeichen, einen eingezeichneten Fadenlauf und am besten noch eine Taillenlinie enthalten. Noch schöner wäre eine Brustlinie, die sind aber bei Kaufschnitten selten eingezeichnet. Die vordere Mitte sollte auch gekennzeichnet sein.

TIPP: Ich habe im Netz durchgängig gelesen, dass kleine Karomuster wie Vichykaro auch mit doppelt liegenden Stoffen zugeschnitten werden können. Aus eigener Erfahrung weiss ich aber, dass die Streifen selten exakt gerade verlaufen, wenn die Webkanten aufeinander liegen. Man kann jetzt natürlich hingehen und mühsam mit Stecknadeln die Karoreihen aufeinander stecken. Bis man das durch hat, kann man ebenso auch den Schnitt kopieren. Auf der sicheren Seite ist man damit allemal, weil man so alles im Blick hat.

Schnittauflage

Der Stoff ist gebügelt und glatt ausgebreitet. Als erstes suche ich mir eine attraktive vordere Mitte im Karomuster aus.

Die vordere Mitte sollte symmetrisch in einer Karoreihe liegen. Dort legt man die vordere Mitte an, nicht die vordere Kante. Meist ist noch ein Übertritt für Knöpfe vorhanden, die aber später übereinander liegen. Das Vorderteil ist normalerweise noch recht einfach, entscheidet aber über die Wirkung des Musters. Es wird empfohlen auf Höhe der Brust keinen besonders auffälligen Streifen zu wählen, weil der Blick später von dieser Auffälligkeit angezogen wird, und je größer die Brust, umso mehr wird sie zum Hingucker. :D

Ich lasse das jetzt mal als Faustregel stehen, halte es aber nicht unbedingt für zwingend. Es kommt halt auf das Muster, die Brustgröße und der Farbigkeit des Stoffes an. Jedoch sollte man die Regel kennen, bevor man sie bricht. ;)

Gut, die vordere Mitte hätten wir schon mal, jetzt müssen noch die markanten horizontalen Linien markiert werden. Hier ist es recht einfach: die hellgrünen Streifen sind ziemlich dominant – einen davon zu markieren reicht völlig aus. Die Position des grünen Streifens wird auf das andere Vorderteil übertragen und die entsprechende Lage auf dem Stoff ausgesucht. Bitte denkt daran, dass die Teile gespiegelt sind, der Musterverlauf muss demnach spiegelgleich sein!

Das Auflegen der Schnittteile auf Musterstoffe verläuft in der Reihenfolge, wie die Teile später aufeinander folgen. Sie müssen dem Musterverlauf entsprechen. Demnach wird nun das vordere Seitenteil mit dem Fadenlauf am Stoff ausgerichtet und bis an das Vorderteil herangeschoben. Die äußeren Kanten müssen aneinander stoßen, die Taillenlinie übereinstimmen.

Nun werden alle markanten und hilfreichen Linien des Karos auf das Schnittteil übertragen (es reicht auch aus, diese an dem Rand Schnittes zu zeichnen). Am besten ist es sowohl horizontale als auch vertikale Musterverläufe zu markieren.

Da ja noch Nahtzugaben benötigt werden, muss das Schnittteil soweit verschoben werden, dass das Muster mit den Markierungen übereinstimmt und noch ausreichend Platz für die Nahtzugaben vorhanden ist.

Dasselbe wird mit dem gegengleichen Schnittteil gemacht.

Nach dem seitlichen Vorderteil folgt das seitliche Rückenteil. Wir arbeiten uns also von der vorderen Mitte zur hinteren Mitte vor und das in beide Richtungen.

Auch hier wird wieder am Fadenlauf ausgerichtet, bis an das vorherige Schnittteil heran geschoben und die wichtigsten Musterlinien markiert.

Man kann die Linien des Karos übrigens auch mit bunten Stiften auf dem Schnitt einzeichnen, falls es die Positionierung erleichtert.

Hier noch der weitere Ablauf des Auflegens in ein paar Bildern. Das Prinzip sollte soweit klar sein und so langsam ist zu erahnen, warum man bei großen Mustern deutlich mehr Stoff benötigt. Da bei jedem Schnittteil nur ein bestimmter Musterabschnitt in Frage kommt, müssen die Teile entsprechend auf dem Stoff verschoben werden.

Bei den Grafiken kommt die Aufteilung soweit ganz gut hin – die Realität sieht ein wenig anders aus, und zu dem Zeitpunkt war ich mit dem Verschieben der Schnittteile noch nicht fertig. ;) Es ist ein bisschen wie eine Mischung von Puzzeln und Tetris – je mehr Teile es werden, umso mehr muss hin und her geschoben werden.

Der Armansatz bei Karomustern

Der Ärmel sollte natürlich so zugeschnitten sein, dass er in seiner Länge dem Muster des Oberteils entspricht. Hier sind die Passmarken für den Armeinsatz besonders wichtig.

Der vordere Ärmel wird am Fadenlauf ausgerichtet und an das vordere Seitenteil herangeschoben, oder an das Vorderteil, je nach dem wo das Einsatzzeichen liegt.

Das Passzeichen des Ärmels und das Passzeichen am Vorderteil stoßen direkt aneinander, die Fadenläufe müssen parallel liegen.

Nun wird der Ärmel um knapp 0,5 cm nach oben verschoben.

An dieser Position werden wieder ausreichend Linien auf dem Schnitt notiert, um den Musterabschnitt abzubilden. Der untere Ärmel wird dann am oberen Ärmel ausgerichtet.

Noch ein kleiner Tipp zu Nähen von Karostoffen

An sich ist das Nähen von Karostoffen nicht anders als bei anderen Stoffen, jedoch sollte man beim Stecken der Einzelteile unbedingt darauf achten, dass die Nahtlinien aufeinander passen, nicht die Kanten der Nahtzugaben. Das heißt, an den Nahtlinien treffen die horizontalen Streifen des Karos genau aneinander. Im Fall des korrekten Zuschnitts. Aber das sollte ja nun kein Problem mehr sein. ;)