Sie liegt mir ja schön länger in der Nase: eine Rokoko-Schnürbrust. Ihre Herstellung habe ich schon einige Zeit vor mich hergeschoben, weil ich mir noch nicht im Klaren darüber bin, was nachher darüber kommen soll, eine hochherrschaftliche Robe oder eine Ausstattung der einfachen Leute. Hat beides seinen Reiz, allerdings auch einen deutlich unterschiedlichen Preis. Wie dem auch sei, erstmal muss ich sowieso ein Probestück fertigen, das auch haargenau passt.

Der Schnitt

Das Vorgehen bei der Schnittkonstruktion habe der Beschreibung der marquise entnommen. Also ist erstmal Messen angesagt und die Maße in eine Schnittkonstruktion zu übertragen. Da ja beim Schnüren der Oberkörper ein wenig eingeengt wird, nehme ich auf die Gesamtweite zusätzlich 4 cm raus. Ein wenig unsicher bin ich bezüglich der oberen Kante, zumindest mit dem Maßband ist es schwer zu ermitteln, wo die optimale Höhe liegt. Also schätze ich sie mal und werde diesen Punkt erst beurteilen, wenn das Probeteil fertig ist.

Der Zuschnitt

Da ich eine vordere und hintere Schnürung möchte, lege ich die vordere und hintere Mitte der Schnittteile auf den Stoffbruch. An den Seitennähten und an der oberen Kante lasse ich eine großzügige Zugabe. Als Basisstoff verwende ich einen festen Nessel. Der hat den Vorteil, dass die Bleistiftlinien darauf gut zu sehen sind und zudem recht günstig ist.

Nach dem Zuschnitt fixiere ich die Kanten mit Reihnähten, damit der Stoff sich nicht verzieht und übertrage aus dem Schnitt die wichtigsten Linien. Danach schließe ich die Seitennähte und zeichne die stabilisierenden Tunnel ein.

Die Tunnel

Für das Probeteil habe ich mir Kunststoffmiederstäbe mit 10mm Breite besorgt, vorerst 9 Meter. Nach dem ersten Tunnel stellt sich ein Nahtabstand von 12mm als optimal raus: Der Stab geht noch gut rein, der Tunnel ist aber eng genug, dass der Stab sich nicht verdrehen kann. Für das Einzeichnen der Tunnellinien sollte der Bleistift nicht zu weich sein und sehr spitz. Ich verwende einen HB-Bleistift und spitze ihn immer wieder nach. Wenn man diesen Linien an der Nähmaschine genau folgt, dann passt es ganz gut.

Nach den stabilisierenden Tunneln müssen die restlichen Tunnel entsprechend verteilt und auf das Gegenstück übertragen werden.

Dann ist das Nähen dran; das ist zwar nicht besonders schwierig, aber die Linien müssen schön präzise eingehalten werden, also eher eine Fleißarbeit. Nach dem Abnähen der Tunnel habe ich rundherum 7,5mm Rand eingezeichnet, damit die spätere Versäuberung mit dem Kantenband einfacher geht.

Was die Miederstäbe angeht, so hatte ich mir das Abmessen und Auffüllen deutlich schwieriger und zeitaufwändiger vorgestellt. Tatsächlich ging es aber recht zügig. Vielleicht lag es aber auch an meiner Methode. Zum Anzeichnen der Schrägen habe ich ein Stift zum Beschriften von CDs genommen; die haben den Vorteil, dass sie nicht auf Plastik abperlen, schnell trocknen und nicht verschmieren.

Insofern habe ich einfach den Stab auf den Stoff aufgelegt, oben und unten die Schrägen eingezeichnet, die sich durch den Rand ergeben und mit einer Haushaltsschere entsprechend abgeschnitten. Die scharfen Kanten habe ich ein wenig abgerundet und den Stab im Tunnel versenkt. So brauchte ich für 2/3 der Schnürbrust nur 1 ½ Stunden. Brutal ausgebremst wurde ich nur dadurch, dass mein Vorrat an Miederstäben zu Ende ging. Blöderweise ist es Samstag Nachmittag und der Stoffladen hat bereits dicht. Dabei hätte ich so gerne schon am Wochenende die Schnürbrust anprobiert. :-(

Weiter zu Teil 2