Seit ich vermehrt an der Schneiderpuppe arbeite, geht es mir immer mehr auf den Senkel ständig nach den Stecknadeln zu fingern. Die liegen in einem Porzellantöpfchen und das steht meistens da, wo ich gerade nicht drankomme. Na ja, jedenfalls oft genug. Da böte es sich an, endlich einmal ein Nadelkissen für das Handgelenk zu machen.
Nun könnte man das Teil rein funktional rund gestalten, so ganz ohne Schnickschnack. Wegen der Nadeln folge ich aber meiner spontanen Assoziation und entscheide ich mich für ein Voodoo-Nadelkissen.
Entwurf und Schnitt
Der Entwurf ist nur ein grober Leitfaden für den Schnitt. Der Schnitt wird von konkreten Maßen bestimmt. Also kommt jetzt erstmal ein bisschen Theorie. Die Grundfläche ist im Entwurf schon bestimmt. Hier brauche ich den halben Umfang (grau gestrichelt). Nun gilt es das „Oben“, das ja noch nicht da ist, zu vermessen. Das Bild veranschaulicht den Weg: Ich lege eine maximale Höhe fest, hier 4,5 cm. Über diesen Punkt laufen die Kurven in Längs- (blau) und Querrichtung (rot), die die dreidimensionale Form bilden. Die Strecken der Kurven ergeben die Maße, die ich für den Schnitt brauche.
Die Grundfläche habe ich von der Skizze auf mein Konstruktionspapier übertragen und eine Mittellinie eingezeichnet. Die beiden Hälften werden vermessen – die Werte stehen an der Seite. Da die Fläche nur so aus der Hand gezeichnet ist, ergibt sich eine kleine Abweichung von 2 mm, die ich einfach ignoriere und 11,5 cm als Maß nehme. Der Querstrich soll in etwa die Position des Mundes markieren.
Der halbe Umfang der Fläche wird auf einer geraden Linie markiert. Die Strecke von der Mittellinie bis zum „Mundwinkel“ von rechts nach links abgetragen. Von diesem Punkt aus zeichne ich eine Senkrechte nach oben und zwar mit den vorher festgelegten 4,5 cm. Da das Seitenteil an die Fläche angenäht wird und die Fläche gerundet ist, zeichne ich die Basis auch ein wenig rund. Die Strecke Höhe-nach-rechts trage ich ein wenig oberhalb ab; die Strecke Höhe-nach –links ebenfalls. Die neuen Punkte werden mit einem Kurvenlineal verbunden. Über die Höhenlinie ziehe ich von links nach rechts einen Bogen. Dieser Bogen wird nachgemessen und ist länger als die theoretisch ermittelte Strecke „Blau“.
Die Mehrlänge nehme ich als Keil aus dem Seitenteil. Das ist auch insofern sinnvoll, damit das Nadelkissen nicht in der Form eines Hausdachs endet, sondern oben in einer kleinen Fläche ausläuft. Außerdem wird für den „Mund“ ein Extraschnittteil benötigt. Die Strecke am Keil entspricht der halben Strecke „Rot“.
Nun wird es Zeit, diesen Schnitt zu überprüfen. Aus einem Reststück nähe ich die Teile zusammen und stelle fest, dass die Naht des „Mundes“ nicht in der Waagerechten aufeinander trifft, sondern eher über Eck kommt. Das korrigiere ich in dem Schnitt. Dort wo der Pfeil ist, muss die Linie aus dem Keil ungefähr im rechten Winkel an die obere Linie stoßen. Das Stück, das dabei wegfällt muss auf der anderen Seite des Keils natürlich wieder dazu gegeben werden.
Das war bis jetzt alles sehr technisch und ich hoffe, die Erklärungen waren einigermaßen nachvollziehbar. Nun kommt aber endlich der praktische Teil.
Zuschnitt
Vor dem Zuschnitt vorab noch die Materialliste:
– Stoffstück, ca. 20 x 40 cm
– Stoffstück, Rest für die Augen
– Klebeweb zum Aufbügeln für Applikationen, Rest für die Augen
– Aufbügelbare Gewebeeinlage, ca. 10 x 30 cm
– Etwas Bastelwatte zum Füllen
– 4 cm Klettverschluss
– Garn zum Nähen
– Dickes Garn zum Sticken
Der Stoff für das Nadelkissen sollte eher dicht gewebt sein und ein bisschen Stand haben.
Ich möchte vorweg noch bemerken, dass die Ausgestaltung des Gesichts nur ein Vorschlag ist. Wer dieses Nadelkissen nachnähen möchte, kann da seiner Phantasie freien Lauf lassen.
Ein bisschen Messen ist nun ist doch noch nötig, um den Handgelenkumfang zu ermitteln. Das Maßband wird um das Handgelenk gelegt und der Umfang gemessen, dem Maß werden noch ca. 4 cm zugegeben. Beispiel: Der Gelenkumfang beträgt 16 cm, plus 4 cm Zugabe ergeben insgesamt 20 cm. Die Zugabe ist für den Klettverschluss, der ja übereinander gelegt wird.
Zunächst zeichne ich für das Armband zwei Rechtecke von 20 x 4 cm, plus rundherum einer Nahtzugabe von einem Zentimeter, also 2x 22 x 6 cm auf das Stoffstück. Aus der Gewebeeinlage schneide ich zwei Stücke von 4 x 20 cm, also ohne Nahtzugabe.
Die Einlage bügle ich auf den Stoff, die Nahtzugaben werden natürlich nicht mit Einlage verstärkt.
Auf den schwarzen Stoffrest bügle ich ein Stück von dem Klebeweb. Beide Stoffstücke müssen nun ungefähr 20-30 min. auskühlen.
Danach zeichne ich die Augen auf das Trägerpapier des Klebewebs. Die oberen Teile des Nadelkissens, Teil A und Teil B werden doppelt benötigt, die Basis nur einfach. Die Teile A, B und C werden mit 1 cm Nahtzugabe zugeschnitten. Für die Basis muss noch ein Stück Gewebeeinlage ohne Nahtzugaben zugeschnitten werden. Die Gewebeeinlage wird auf die Basis gebügelt und muss auch auskühlen.
Um nachher beim Nähen nicht durcheinander zu kommen, ist es ganz gut, auf den Teilen A und B die Kanten zu markieren, die aneinander genäht werden müssen, bspw. mit Punkten oder Kreuzen.
Nähen
In der Zwischenzeit werden die Armbänder zusammen gesteckt, die Einlage liegt auf beiden Seiten außen. Die Streifen werden an der Kante der Einlage zusammengenäht. An der langen Seite sollte eine Lücke von ca. 6 cm offen bleiben. Die Ecken werden schräg eingekürzt, aber dabei sollten an der Ecke selbst noch ca. 2 mm stehen bleiben, sonst franst die Ecke beim Umdrehen aus.
Das Armband wird durch die Öffnung gewendet, also das Innen wird nach außen gedreht. Die Ecken werden dabei vorsichtig(!) herausgearbeitet. Die Kanten an der Öffnung müssen nun 1 cm nach inne geschlagen werden und mit der Restnaht eine gerade Linie bilden. Die Öffnung zustecken. Das Armband kann nun rundherum abgesteppt werden.
Den „Kopf“ stülpe ich mit der Innenseite nach außen über das gefaltete Armband. Die Mittelnaht sollte mit der Markierung der oberen Mitte auf der Basis übereinstimmen und wird dort festgesteckt. Dann wird die hintere Mittelnaht auf die hintere Markierung der Basis gesteckt. Danach kann der Rest der Kanten gesteckt werden. Eine Öffnung von 4-5 cm sollte zum Wenden frei bleiben.
Fertisch!
Hier noch die Downloaddatei mit dem Schnitt:
Voodoo-Nadelkissen (200 kb)
……da hab ich doch endlich was gefunden, von dem ich nicht wußte, daß ich es suche :-))
Bei den ganzen zuckersüßen Nadelmäuschen u.ä. bring ich es immer wieder nicht über’s Herz, da eine Nadel reinzustecken – also waren meine Kissen eben nur Kissen.
Nun kann es selbst das einstechen endlich einem höheren Zweck dienen
Danke!
Ein Retter der Nadelkissen – wenn das mal nicht ein höherer Zweck ist.
Der ist echt genial !
Meine Kinder haben mir so etwas als Smilie mal zum Muttertag gebastelt, da haben wir den Deckel einer Chipsrolle nachträglich eingearbeitet, damit ich nicht zum Vodoo Opfer werde.
Aber an Dein Modell habe ich mit der Tochter schon mehrmals angeschmachtet.
Einfach machen! Gemeinschaftsprojekt „Mutter/Tochter“, sozusagen.
Hallo Claudia,
sieht echt witzig aus – super Idee.
Hoffe es geht Dir gut.
Meine Testjacke sieht „so weit“ ganz gut aus, ist nur im Rücken-Schulter-Bereich etwas weit.
Ich hatte ja auch komische Maße, die dich auch skeptisch machten.
Freue mich schon auf Mittwoch (obwohl der erste Kurstag immer schwierig ist).
LG Birgit
Hallo Birgit,
das ist ja schön, dass du hier bist.
Deine Jacke bekommen wir noch hin – Der Grundschnitt ist ja erstmal nur die Basis, die wir dann optimieren. Ich freue mich auch schon, meine „Mittwochs-Damen“ zu sehen und hoffe bis dahin wieder fit zu sein (Es geht wohl ein Erkältungs-Virus um, der mich erwischt hat).
LG Claudia